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Soziales Deutschland? Kritik ist berechtigt!

Kinderarmut und soziale Gerechtigkeit sind in Deutschland ein kritisches Thema! Das, obwohl unser Land ein Sozialstaat ist, und trotz SDG 1, welches Deutschland erreichen will. Jeden Tag sehen und erleben auch Schüler:innen, was soziale Ungerechtigkeit heißt und wie der Staat einige Menschen im Stich lässt. Allein 2,7 Millionen Kinder in Deutschland leben in Armut!

Menschenwürdiges Leben?

“Vor ein paar Tagen war ich wieder in Hamburg unterwegs – als ich dort die ganzen Obdachlosen auf der Straße sah, kamen mir fast die Tränen. Was sind wir für Land, in dem Menschen auf der Straße leben müssen? Und ist es gerecht, dass Kinder und Jugendliche von armen Eltern weniger Chancen haben, als Kinder reicher Eltern?” (Sophie, Oberstufenschülerin).

Laut Statista und DESTATIS waren im Jahr 2021 in Deutschland 20,7 % (also 1 von 5) der Menschen von Armut oder sozialer Ausgrenzung betroffen. Wer in Deutschland weniger als 14.109 Euro im Jahr verdient, gilt nach dem Stand des Jahres 2019 als armutsgefährdet, heißt es.

Am 9.11.23 machte der UN-Menschenrechtsrat Deutschland auch zum sozialen Verhalten diverse Vorwürfe. Die Direktorin des unabhängigen Deutschen Instituts für Menschenrechte, Beate Rudolf, sagte abschließend, dass ein zentrales Thema viel zu kurz gekommen sein: “Ich bedaure, dass das Thema Armut nicht den notwendigen Raum bekommen hat, …” Bei diesem Thema gehe es nämlich ganz besonders um zentrale Menschenrechte, so die Direktorin – etwa das Menschenrecht auf Wohnen, auf soziale Sicherung, auf menschenwürdiges Leben. “Das alles sind Fragen, die hätten auch vertieft behandelt werden können.” (Tagesschau, 9.11.23).

Theoretisch sind in Deutschland alle Menschen sozial abgesichert. Aber viele kämpfen um jeden Cent, während andere im Wohlstand leben.
Schon zu Kaisers Zeiten (ab dem Jahr 1845, laut Wikipedia) entwickelte Deutschland Schritt für Schritt das heutige Sozialsystem. Früher gab es keine soziale Absicherung, was bedeutete, dass es keine flächendeckende Gesundheitsversorgung, keinen Unfallschutz am Arbeitsplatz und kein Arbeitslosengeld oder Sozialhilfen gab – allesamt Probleme, die heutzutage EIGENTLICH gelöst sein sollten und wofür es die Sozialversicherungen gibt.
Eigentlich … Auch heute noch machen Krankheit, Arbeitslosigkeit und Alter Menschen arm und bringt sie in finanzielle Not.

Soll das etwa Gerechtigkeit sein?

Gerade gestern erzählte eine Drogerie-Verkäuferin einem Redaktionsmitglied: “Eigentlich bin ich Lehrerin. Aber als ich Ende zwanzig war, bekam ich ein Kind – doch meine Tochter war todkrank und starb nach drei Monaten im Krankenhaus. Ich war die ganze Zeit bei ihr geblieben … Nach dieser schlimmen Zeit war ich eine Weile emotional am Boden und krankgeschrieben. Bevor ich 30 wurde, beschloss mein Arbeitgeber – ein öffentlicher Arbeitgeber – ich sei psychisch instabil und auf Dauer arbeitsunfähig.

Das war vor 30 Jahren – seitdem bekommt sie eine Rente, die noch nicht einmal dazu reicht, die Miete zu bezahlen. Also arbeitet sie im Einzelhandel für 12 € / Stunde, die sie aber in Lohnsteuerklasse 6 versteuern muss. Netto sind das nur 800 Euro im Monat – das sind im Jahr 9.600 € – für einen Fulltimejob!

Bürgergeld-Empfänger haben oft mehr in der Tasche, als sie …

Ebenfalls gestern erzählte ein Lehrer in einem Workshop, dass er jetzt stellvertretender Schulleiter werden, und damit in Gehaltsklasse TV-L 14 aufsteigen würde. Er bekommt dann minimal 4.700 € brutto im Monat, zzgl. Familienzuschlag. Er hat 5 Kinder. Laut Tabelle des Landes SH bekommt er im Monat nur für die Kinder mindestens 1.500 € extra. In der Summe, sagt er, verdient er wirklich viel! Doch das wäre im Vergleich mit den Besoldungen in anderen Bundesländern noch wenig. Lehrkraft sein, ist also gut bezahlt.


In diesem Beispiel sind beide Personen studierte Lehrkräfte.
Doch während sie, weil ihr Kind gestorben ist, als Rentnerin relativ sicher unter Altersarmut leiden wird, kann er sich später über eine üppige Pension von mehr als 3.500 € / Monat freuen.

Definition von “Sozialstaat”

Ein Staat ist ein Sozialstaat, wenn er für die soziale Absicherung seiner Bürgerinnen und Bürger sorgt. Dies ist das erklärte Ziel der Politik und Gesetzgebung eines Sozialstaats. Gesunde unterstützen Kranke, Junge unterstützen Alte, Arbeitende unterstützen Arbeitslose – nicht nur durch Taten, sondern auch finanziell, über das Sozialversicherungssystem. Auf diese Weise versucht der Staat, soziale Gerechtigkeit herzustellen.

Soziale Gerechtigkeit bedeutet, dass die Lebensbedingungen sowie Chancen und Möglichkeiten für alle Menschen in einer Gesellschaft möglichst gleich gut sind.

Bei über 84 Millionen Einwohnern (DESTATIS) in Deutschland ist es jedoch nicht einfach, dies zu gewährleisten.

Die Kluft zwischen Arm und Reich wird häufig kritisiert. Um die sogenannte soziale Gerechtigkeit entbrennt daher oft Streit – wie so oft, wenn es etwas zu verteilen gibt. Wie soll Geld durch ein möglichst gerechtes Steuersystem zwischen Reichen und Armen aufgeteilt werden? Welche Bildungschancen und Förderungen sollen welche Personen erhalten? Oder welche Rechte haben ausländische Mitbürgerinnen und Mitbürger in unserem Land?

Diese Fragen lassen sich nicht leicht beantworten, denn es gibt kein eindeutiges “richtig” oder “falsch”. Es existiert kein objektiver Maßstab für soziale Gerechtigkeit; gerecht ist, was wir als Gesellschaft oder als Person dafür halten!


Die familiären Voraussetzungen entscheiden über den Bildungsweg

Der Geldbeutel und das Bildungsniveau der Eltern hat zum Beispiel einen maßgeblichen Einfluss darauf, welche weiterführende Schule ein Kind besucht. Bei DESTATIS heißt: Je niedriger der Bildungsabschluss der Eltern ist, desto seltener besuchen ihre Kinder ein Gymnasium. Da ein niedriger Bildungsabschluss oft mit geringem Einkommen und einem höheren Risiko von Arbeitslosigkeit einhergeht, verknüpfen sich die finanzielle Situation der Eltern und die Bildungschancen der Kinder.

Also entscheidet das (fehlende) Vermögen der Eltern über die Laufbahn der Kinder? Gehen Jugendliche eher arbeiten, nur mit einem ESA, damit sie möglichst früh selbst Geld verdienen?


Wie hilft der Staat Kindern & Jugendlichen?

Ein Staat kann versuchen, ungleiche Bildungszugänge auszugleichen und den Kindern faire Chancen zu bieten. In Deutschland erhalten Eltern mit geringem Einkommen beispielsweise zusätzlich zum Kindergeld einen erhöhten Kinderzuschlag und/oder werden von den Kita-Gebühren befreit.

Mit dem Starke-Familien-Gesetz 2019 wurde zudem das sogenannte Bildungspaket (Leistungen für Bildung und Teilhabe) verbessert. Es unterstützt Kinder aus Familien, die Grundsicherung beziehen oder über ein geringes Einkommen verfügen, damit sie in Freizeit, Schule oder Kita die gleichen Möglichkeiten haben wie Kinder aus finanziell besser gestellten Familien.

Dazu gehören zusätzliche Leistungen für die Mitgliedschaft in Sportvereinen, für ein- und mehrtägige Ausflüge (z.B. Klassenfahrten), Schulbedarf und Nachhilfe.

Auch für die gemeinschaftliche Mittagsverpflegung in Schule oder Kita und für die Schülerbeförderung müssen die Eltern keine Zuzahlungen mehr leisten.

Auf der Homepage familienportal.de gibt es Infos und Antragsmöglichkeiten für solche Hilfen!


Doch klar bleibt: Viele Menschen haben kein “traumhaftes Leben” und können sich nicht alles leisten.
Jeder hat mal eine harte Zeit; einige leiden mehr oder weniger daran, nicht “genug” Geld zu haben. Wünsche bleiben offen. In den sozialen Medien fällt auf: der Fokus für Hilfe liegt vor allem auf Kindern, doch natürlich leiden Erwachsene oft genauso stark unter Geldmangel.
Wie es ist, arm zu sein? Der ZDF hat eine Doku zum Thema Kinderarmut gemacht: siehe ZDF-Website.
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